Schon in meinen letzten Schuljahren kam für mich kein anderes Auto in Frage, als ein grosser Strassenkreuzer. Meine Eltern und die Kollegen hatten für meinen Traum als 16 Jähriger kein Verständnis und meinten nur „es läuft noch viel Wasser den Rhein hinunter“. Ich zog mir regelrecht die amerikanischen Serien rein, wo vor allem die richtigen Strassenkreuzer zu sehen waren. Vor allem hatte es mich der Lincoln Model Mark 4 angetan. Die Serie „Cannon“ durfte ich ja nie verpassen. Wie dieser Typ in seinem silbernen Lincoln Mark 4 herumkurvte beeindruckte mich sehr. Leider waren diese Autos in unserer Gegend kaum zu finden. Selbst bei dem grossen Fordhändler Autavia Basel war nichts der artiges zu bestaunen. So sammelte ich viele Prospekte und Fotos wie ich finden konnte. Es war für mich immer ein grosses Ereignis, wenn ich einen solchen Wagen zu Gesicht bekam. Auch das Model Mark V, der in der Zwischenzeit anlief, war auch nicht zu beneiden. Ich kam in die Lehre und dort landete das Bild meines Traumautos auf dem Reisbrett, wo es schlussendlich in den Fassadenplänen auftauchte. Ein grosses Staunen machte sich bei meinen Arbeitskollegen breit. Ein Auto durfte ich mir während der Ausbildung nicht kaufen. Das Versprechen hielt ich ein. Somit konnte ich mir mehr auf die Seite legen, denn die Preise für einen Lincoln, auch wenn es auch mal ein Occasion war, waren recht hoch. Durch einen grösseren Selbstunfall mit dem Wagen meines Bruders riss es mir ein schönes Loch in die Brieftasche. Eines war jedoch klar, dass ein BMW und wenn es auch ein 7ner ist, ist nichts für mich. Der Abschluss nahte und meine Gedanken waren schon, oder besser gesagt immer noch bei einem Lincoln Mark 4.
Eines Tages sah ich plötzlich ein Auto in einem Hinterhof. Was war denn das für eines? Ein Auto, welches ich noch bis zu diesem Zeitpunkt noch nie gesehen hatte. Nach grösserer Sucherei konnte ich etwas über diesen Wagen herausfinden. Es war ein Cadillac Eldorado 1967. Viele Zweifel kamen in mir auf, denn zurzeit konnte ich kein Lincoln findend, doch ein Wagen kreuzte meinen Weg, der kaum auf den Strassen zu sehen ist. So beschloss ich dieses Prachtstück nach meinem Schul- und Lehrabschluss zu kaufen. Trotz Investitionen stimmte für mich der Preis und ich genoss das gemütliche herumfahren in meinem neuen Wagen. Doch der Lincoln wollte und konnte ich nicht aus meinen Gedanken streichen. Habe ich doch ein falsches Auto gekauft?
Nach ca. 3 Jahren, nach einer Karosserie-Neulackierung und einer Motorrevision verunfallte der Wagen beim Transport zum Totalschaden. Eine Welt brach für mich zusammen. Zudem kam noch das Versicherungsproblem, das wohl alle kennen. Mit einem Trick habe ich nach langem Warten mein Geld bekommen und suchte mir denselben Wagentyp wieder. Diesmal suchte ich aber einen Cadillac Eldorado 1968, 7.7 Liter. Das Schicksal wollte es aber anders und als ich ein paar Teile des alten Wagens verkaufte, lief ich an einen Mark 4 der Serie Silver Luxury Group Option 1974. Das Auto bot alle erdenklichen Extras an. Die weichen, grosszügigen Velursitze und alles darum herum waren in bordeauxrot gehalten. Ein richtiges Wohnzimmer. Alleine nur das Hineinsitzen war unvorstellbar. Die lang gezogene Motorhaube mit der flachen Windschutzscheibe schien kein Ende zu nehmen. Auch die seitlichen Opera-Fenster waren ein Traum. Das verspiegelte Glasschiebedach und so weiter. Meine Begeisterung nahm kein Ende. Der Wagen war von der Carrosserie aus zerlegt worden, um einen neuen „Sprutz“ zu bekommen. Das Auto schrie förmlich nach mir (konnte ausser mir leider niemand hören!). Meine Gedanken waren beim nach Hause fahren bei diesem Auto. Der Preis war nach meiner Ansicht hoch, aber was soll’s? Ich konnte nicht einmal mehr schlafen, so waren meine Gedanken bei „meinem“ Auto. Ich beauftragte meinen Carrosseriespengler und den Mechaniker mit mir nach Uster zu kommen, um mir bei fachmännischen Angelegenheiten zur Seite zu stehen. Der innere Zustand, wie der Motor und die Technik waren gut, daran konnte nichts bemängelt werden. Hingegen war die Carrosserie Knie abwärts schlecht. Auch die viele Spachtelmasse am Autounterteil störte uns. Das Angebot, den Wagen fertig gespritzt zu kaufen, lehnte ich ab. Ich kaufte ihn in diesem Zustand wie er da stand. Nach einem Handschlag und ein paar Tagen des Wartens stand der Lincoln in meiner Garage.
Unsere Familienplanung war im vollen Gange. Daniela und ich beschlossen zu heiraten. Unsere Hochzeitsreise wollten wir in den USA geniessen. Die zweimonatige Reise musste natürlich geplant werden und somit beschlossen wir das Datum um ein Jahr nach vorne zu schieben. Für mich war natürlich ganz klar, dass ich mir dort ein Auto kaufen wollte, welches ich natürlich mit nach Hause nehmen konnte. Daniela konnte ich bald überzeugen. Ja die Liebe, was die so ausmacht! Auch spielte es keine Rolle, ob jetzt ein Auto mehr oder weniger in einer Garage steht.
Was ich wollte war ganz klar einen Lincoln Town Car viertürig 1977 mit Opera-Fenstern und wenn möglich in gehobener Ausführung. Wir hatten Zeit und konnten uns konnte unser Wunsch erfüllen. Nach 3 Monaten hatte er einen Wagen gefunden, der aus der Schweiz aus genau dieser Sache nachgehen. Adressen hatten wir bald genug, aber ob es die richtigen waren? Da unser erster Teil der Reise durch Inlandflüge bestand und diese nach einer Woche in Miami endete und von dort aus mit dem Auto quer durch die USA weiter ging, mussten wir das Auto in Florida suchen. Nach langem hin und her fanden wir bei der Firma Sunshine State’s Convertible Heaven, dass wir dort gut aufgehoben sind. Fritz, ein Deutscher, der sich dort niedergelassen hatte und vor allem die gehobenen Modelle mit einer Gruppe verkaufte, unseren Wünschen entsprach. Auch die 33'000 Meilen konnten sich sehen lassen. Die Fotos die er uns schickte versprachen viel. Wir kauften den Wagen, was uns auch sofort bestätigt wurde. Ein Grund mehr sich auf die kommende Hochzeitsreise zu freuen. Die vielen Schauermärchen wegen dem Autokauf in Amerika konnten wir beinahe nicht mehr hören. Es wird sich zeigen, wenn dir dort sind, dachten wir uns. Wir mussten uns noch etwas gedulden bis es so weit war. Die Zeit verging trotzdem wie im Flug und plötzlich stand das Ereignis „Hochzeit“ vor der Tür. Selbst bei unserer Hochzeit konnten wir einen Lincoln Stretch geniessen.
Als wir in den USA die ersten Flugziele erreicht hatten war der erste längere Aufenthalt in Miami wo wir auch unser Auto in Empfang nehmen konnten.
Wir staunten nicht schlecht, als die massige Karosserie vor die Lobbyhalle schwebte. Der schwarze Wagen zeigte schon was her und der viele Chrom spiegelte sich richtig in der Sonne. Die Karosserie war enorm höher als bei unserem Mark. Die rehbraunen Ledersitze waren weich und gemütlich. Alles war im Wagen zu finden was das Herz begehrt. Auch funktionierte alles! Die Mailen am Auto stimmten auch. Wir genossen es mit dem super Wagen durch die USA zu gondeln. Es war am Anfang ein eigenartiges Gefühl, denn der Wagen schien einiges grösser zu sein als der Mark. Jedenfalls war der Wagen in einem sehr guten Zustand. Was ich zu Hause ändern würde, war ein neuer Lack, denn der momentane Lack war leicht stumpf und ich konnte mir das schwarze Vinyl nicht so gut vorstellen. Es musste ein Kontrast her. Beinahe 11'000 Meilen spurten wir mit dem Wage hinunter, ohne Panne und ohne Sorgen. In San Francisco wurde das Auto in einen Container verladen. Ein Lob an meine liebe Frau, denn es musste vieles ausgefüllt und organisiert werden, damit unser schönes Goldstück in die Schweiz kommen konnte.
Nach ca. 4 Wochen konnten wir das Auto fertig verzollt in Basel abholen. Ohne Dellen oder Kratzer aber mit einer Dreckschicht ist das Auto angekommen und mit letzter Batteriekraft starteten wir den Wagen. Sofort fuhren wir damit zur Karosserie, wo der neue Lack aufgebracht und ein neues farblich besseres Vinyl auf das hintere Teil des Daches aufgezogen wurde. Das grösste Problem war natürlich die MFK. Wir mussten nämlich in Biel einen Nachweis betr. Lärm einholen. Völlig zum lachen.
Doch als das Auto fertig mit der Nummer auf der Strasse stand, war alles vergessen. Es ist unbeschreiblich mit dem Wagen durch die Gegend zu fahren. Das Markmodell fühlt sich auch nicht mehr einsam, seit der Town Car neben ihm steht. Als wir den Wagen in unserer Garage betrachteten, wussten wir, dass wir es richtig gemacht haben. Wir würden es sofort wieder so tun. Tja, vielleicht kommt doch noch ein dritter Lincoln. Welchen wüsste ich schon!!!
Für technische Infos siehe bitte dazu die Kapitel:
1974 Continental Mark IV
1977 Lincoln Continental Town Car